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Gernot Jochum-Müller
ÖsterreichALLMENDA
Ashoka-Fellow seit 2015

Gernot leistet Pionierarbeit für Komplementärwährungen als Instrument der lokalen und regionalen Entwicklung und ermöglicht deren Integration in die institutionelle Infrastruktur von Kommunen, Regionen und ganzen Staaten.

#Soziologie#Altenpflegemanagement#Geriatrie#Komplementäre Währung#Landeswährung#Altenpflege#Alternative Währung#Hohes Alter

Die Person

Bereits als Jugendlicher leitete Gernot eine Initiative, um ein verlassenes Gebäude in seiner Gemeinde zu revitalisieren und in ein soziales und kulturelles Jugendzentrum umzuwandeln. Er leitete den katholischen Jugendverband im österreichischen Bundesland Vorarlberg und organisierte 1990 im Alter von 20 Jahren einen Friedensmarsch, bei dem 5.000 Menschen mobilisiert wurden, um sich für einen friedlichen Übergang und das Ende des Kalten Krieges zu manifestieren. Nach seinem Ingenieurstudium trat Gernot der katholischen NGO Caritas bei und engagierte sich mehrere Jahre aktiv für die Verbesserung der Lebenssituation von Obdachlosen in Vorarlberg, bevor er in ein Beratungsunternehmen einstieg, um öffentliche Einrichtungen, Unternehmen und NGOs österreichweit zu beraten. Mit 25 Jahren initiierte er die Talente Vorarlberg, die zu Europas größter lokaler Talentbörse und Handelssystem wurde. Er erreichte, dass die österreichische Finanzdienstleistungsaufsicht seine Talentbörsen und Komplementärwährungen legal in bestehende steuerrechtliche Regulierungsstrukturen integrierte. 2001 gründete Gernot sein eigenes Beratungsunternehmen und 2007 die Genossenschaft Allmenda, die als Anbieter und Betreiber von Komplementärwährungslösungen und Umsetzer gemeinsamer Regionalentwicklungsinitiativen fungiert. Seine integrierten Komplementärwährungsinitiativen haben internationale Anerkennung und zahlreiche Auszeichnungen erhalten.

Die neue Idee

Gernot führt neue Mechanismen zur Bildung von Sozialkapital ein. Er verbindet Regierung, Zivilgesellschaft, lokale Unternehmen und Privatpersonen, um auf dringende Bedürfnisse in der Gemeinde einzugehen. Er vertieft und erweitert die Sharing Economy, indem er die Kraft komplementärer Währungen nutzt, um soziale Probleme auf kollaborative Weise anzugehen. Gernot schafft neue dauerhafte Austauschplattformen und fördert die Beziehungen zwischen verschiedenen institutionellen und individuellen Akteuren, indem er handelbare und sichere Währungen mit einem konkreten wirtschaftlichen Wert schafft. Er erweitert die Wahrnehmung von Wert und Wohlfahrt in der Gesellschaft und die Rolle des Wohlfahrtsstaates und der Bürger als Ermöglicher des Wohlergehens. Für Gernot werden Komplementärwährungen zu einem kollaborativen Instrument, das vollständig in bestehende lokale Wirtschaftsstrukturen eingebettet und auf die Bewältigung spezifischer gesellschaftlicher Herausforderungen zugeschnitten ist. Komplementärwährungen werden verbunden und gehebelt, in das Verwaltungssystem des öffentlichen Sektors integriert und mit der Landeswährung synchronisiert. Damit schafft er neu vernetzte Wertesysteme, die Talente und Kompetenzen in der Gesellschaft mobilisieren und monetarisieren, um die wirtschaftliche und soziale Resilienz von Gemeinschaften zu stärken.

Das Problem

Herkömmliche Lösungen in Sozialdemokratien zur Bewältigung sozialer Probleme und des wirtschaftlichen Wohlergehens sind bei der Bewältigung aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen in großem Maßstab, wie z. B. der Notwendigkeit, einer alternden Gesellschaft zu helfen, nicht ausreichend. Hohe Staatsschulden behindern die Fähigkeit der Regierungen, ehrgeizige Programme zur Deckung dringender sozialer Bedürfnisse auf den Weg zu bringen. Diese Bedürfnisse wiederum verschärfen sich mit zunehmender Einkommensungleichheit, Armut und steigender Arbeitslosigkeit in Gesellschaften, die an diese Phänomene nicht gewöhnt sind. Kurzum: Für die Lösung wachsender gesellschaftlicher Herausforderungen steht immer weniger Geld zur Verfügung. Gleichzeitig ist das Sozialkapital in vielen Gesellschaften erodiert, da vielfältige Gemeinschaftsbindungen zunehmend durch Beziehungen ersetzt wurden, die durch kurzfristigen Geldaustausch und Bewertung gekennzeichnet sind. Traditionelle Formen der Nachbarschafts- und Familienhilfe verloren an Relevanz. Freiwilligenarbeit allein kann die zunehmende finanzielle Lücke bei den Sozialausgaben nicht ausgleichen. Viele argumentieren, dass die Ökonomisierung und Monetarisierung der Gesellschaft die Anpassungsfähigkeit von Gemeinschaften zur Bewältigung von Krisen und externen Schocks verringert hat. In diesem breiteren Kontext ist eines der drängendsten Probleme in den Sozialdemokratien Westeuropas und darüber hinaus der massive demografische Wandel – die Alterung der Bevölkerung – der einen enormen Druck auf die lokalen Gemeinschaften ausüben wird. Die Alterung der Bevölkerung ist beispiellos – weltweit wächst der Anteil der über 60-Jährigen schneller als jede andere Altersgruppe. Laut der Weltgesundheitsorganisation wird sich der Anteil der Weltbevölkerung über 60 Jahren zwischen 2000 und 2050 von etwa 11 % auf 22 % verdoppeln, was bedeutet, dass die Zahl der Menschen ab 60 Jahren voraussichtlich von 605 Millionen auf 2 Milliarden steigen wird gleichen Zeitraum. Die Mehrheit der älteren Menschen wird auf irgendeine Art von Langzeitpflege angewiesen sein, sei es häusliche Krankenpflege, Gemeinschaftspflege und betreutes Wohnen oder stationäre Pflege. Die heutigen Gesellschaftsstrukturen sind den rasanten demografischen Veränderungen aufgrund der Auflösung traditioneller sozialer Netzwerke, steigender Pflegekosten und des Mangels an Pflegepersonal nicht gewachsen. Allein in Österreich sind 1,57 Millionen Menschen über 65 Jahre alt. 2014 gab die österreichische Bundesregierung 4,33 Milliarden Euro für die Altenpflege aus. Trotz dieses großen Aufwands sind Programme wirkungslos. Ältere Menschen fühlen sich zunehmend unpersönlich behandelt, als Kosten für die Gesellschaft, mit der Folge, dass sie sich sozial ausgegrenzt und ihrer Menschenwürde beraubt fühlen. Darüber hinaus setzt dieses System die allgemeine Vorstellung fort, dass ältere Menschen eine schwere Belastung für das Pflegesystem darstellen. Die öffentlichen Finanzen für ihre Versorgung werden als Keil zwischen die jüngere und die ältere Generation empfunden, mit der Folge, dass sich die österreichische Gesellschaft einer Fülle von Ressourcen und Talenten beraubt, die Rentnerinnen und Rentner bieten können, wenn sie sich aktiv am gemeinschaftlichen Leben beteiligen.

Die Strategie

Gernot hat ein lokales Labor und Wissenszentrum aufgebaut, um neue Ansätze für Komplementärwährungen zu testen, zu verfeinern und zu verbreiten, um soziale Probleme auf beispiellose Weise anzugehen. Die von ihm geschaffene Organisationsstruktur besteht aus einem Verein, der Europas größtes lokales Talentbörsen- und -handelssystem im österreichischen Bundesland Vorarlberg verwaltet; eine Genossenschaft, die als Entwickler und Betreiber von Komplementärwährungssystemen fungiert; und ein Beratungsunternehmen, das neue Ansätze verbreitet und Kommunen, Unternehmen und öffentliche Institutionen dabei unterstützt, neue beispielhafte Anwendungen komplementärer Währungssysteme zu etablieren. Gernot leistet Pionierarbeit für Komplementärwährungen als Instrument der lokalen und regionalen Entwicklung und ermöglicht deren Integration in die institutionelle Infrastruktur von Kommunen, Regionen und ganzen Staaten. Staatliche Institutionen werden selbst zum Treiber, Garanten und Implementierer maßgeschneiderter Komplementärwährungssysteme zur Lösung brennender sozialer Probleme in ihren Gemeinden. Gernot hat es geschafft, Politiken und Regulierungssysteme über Kommunen und Regionen hinweg so zu beeinflussen, dass alternative Währungen zu einem anerkannten Instrument für die regionale Entwicklung wurden. 2010 erhielt er den „Europäischen Preis für Dorferneuerung“ für die Einführung von Komplementärwährungen als neues Instrument der lokalen Entwicklung. Heute schult er Regionalentwickler und Beamte in ganz Österreich, um seinen komplementären Währungsansatz für die regionale Entwicklung anzuwenden, und berät Gemeinden, Städte und Länder, wie sie diese komplementären Wertesysteme in ihre sozialen und wirtschaftlichen Systeme integrieren können. Aus den öffentlich-privaten und zivilgesellschaftlichen Partnerschaften, die Gernot auf lokaler Ebene in der Schweiz, Deutschland und Österreich fördert, entstehen zahlreiche neue Komplementärwährungsanträge. Anschließend fördert er die Verbreitung und Replikation erfolgreich etablierter Komplementärwährungssysteme. Gernot baut derzeit im österreichischen Bundesland Vorarlberg ein „Zeitrentensystem“ auf. Es ist ein alternatives Altenpflegemodell, das die vorhandene Zeit und das vorhandene Talent des Einzelnen sowie neue Formen der Zusammenarbeit nutzt. Es gibt eine Fülle von latenten Werten für behinderte Bürger, die sich in der Altenpflege engagieren können, um die finanzielle Belastung für den Staat zu verringern und das soziale Kapital in den Gemeinden zu fördern. Sein Modell reduziert den Druck und die Kosten für die öffentlichen Gesundheitssysteme erheblich, indem es ein nicht-monetäres Zahlungssystem in die Rentensysteme der normalen Bürger einbaut. Gernots Pflegemodell funktioniert wie folgt: Agile Rentner (Zeitbetreuer) verbringen einen Teil ihrer Freizeit damit, gebrechlichen älteren Menschen (Zeitpflegeempfängern) bei der Bewältigung alltäglicher Herausforderungen wie Lebensmitteleinkauf, Gartenarbeit und Kochen zu helfen. Die von Zeitpflegeempfängern angesparten Stunden (bis zu 750 Stunden können angesammelt werden) werden auf einem persönlichen „Zeitbankkonto“ gespeichert und können für künftige Pflegeleistungen „eingelöst“ werden. Zeitbetreuer sind Personen, die Zeit zu verschenken haben; Da sie nicht ausgebildet sind, ist ihnen die Erbringung professioneller Pflegedienste strengstens untersagt. Stattdessen bieten sie ein breites Spektrum an häuslichen Dienstleistungen an, um gebrechliche ältere Menschen zu unterstützen und professionelle Altenpfleger zu entlasten. Eine staatliche Stelle muss die Rolle des „Garanten“ übernehmen, um das Vertrauen der Bürger zu gewinnen und die langfristige Einlösbarkeit der eingezahlten Zeit zu gewährleisten, und eine unabhängige Organisation muss gegründet werden, um die vollständige Integration des alternativen Betreuungssystems in Österreich zu fördern Bundesland Vorarlberg. Sein „Zeitrentensystem“ wurde zuerst von der Stadt St. Gallen in der Schweiz eingeführt. Zur Umsetzung seines Systems hat Gernot ein Win-Win-Netzwerk der wichtigsten Akteure im Bereich der Altenpflege geschaffen, bestehend aus der Regierung St. Gallen, den grössten Altenpflegeorganisationen (z. B. Pro-Senectute), Zeitpflegern und Zeit Pflegeempfänger. Die Regierung von St. Gallen übernimmt die Rolle des „Garanten“, um sicherzustellen, dass die hinterlegte Zeit eingelöst wird. Die Regierung stellte eine einmalige Investition bereit, um das Modell zum Laufen zu bringen, und zahlt einen jährlichen Betrag für die Wartung des Systems. Für die Regierung zahlt sich dies als zukünftige Kosteneinsparung für sie aus. Ihre jährlichen Kosten sind bereits amortisiert, wenn 5 ältere Menschen weniger verpflichtet sind, ein Pflegeheim zu betreten. Die Altenpflegedienste spielen die Rolle, herauszufinden, welche älteren Menschen (d. h. welche ihrer Kunden) von Gernots „Zeitrentensystem“ profitieren könnten. Die Agenturen sind auch für den Matching-Prozess zwischen Zeitgebern und Zeitnehmern verantwortlich. Pflegeeinrichtungen sehen den Wert des Modells, weil es ihnen ermöglicht, ihren Kunden zusätzliche Dienstleistungen zu geringeren Kosten anzubieten. Die Kosten für eine Betreuungsstunde im „Zeitrentensystem“ sinken von ca. 43,50 € auf 14 €. Einer der größten Vorteile für Pflegebedürftige ist die Möglichkeit, mit zunehmendem Alter länger zu Hause zu bleiben. Gernots Modell bietet auch sozial isolierten Senioren die Möglichkeit, sich in ihren Gemeinschaften zu engagieren und sich relevant zu fühlen. Während sie einen zusätzlichen kleinen Betrag verdienen, tragen sie dazu bei, die weit verbreitete soziale Isolation zu bekämpfen und neue soziale Netze um gemeinsame Interessen herum zu schaffen. Bis heute haben etwa 280 Menschen rund 23.000 Pflegestunden geleistet. Gernot rechnet mit einer Verdreifachung der Stundenzahl auf 65.000 innerhalb der nächsten fünf Jahre. Sein Modell sieht vor, dass die Altenpflege viel menschenzentrierter wird, während die Kosten niedrig gehalten werden. Sein System breitet sich bereits selbstständig auf andere Städte in der Schweiz aus. Gernot sieht Österreich als Testfall für die Integration des „Zeitrentensystems“ in die Altenpflegepolitik eines ganzen Landes. Von dort aus will er es in ganz Europa und darüber hinaus verbreiten.